10. Juli 2023 Ι Obwohl die Wasserlieferungen leicht rückläufig waren, verzeichnet Hamburg Wasser ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2022. Der Gesamtkonzern konnte seinen konsolidierten Umsatz auf 624,2 Millionen Euro leicht steigern. Insgesamt erzielte das Unternehmen einen Überschuss von etwa 97,6 Millionen Euro. Dabei erwirtschaftete die Hamburger Wasserwerke GmbH 28,7 Millionen Euro und die Hamburger Stadtentwässerung AöR 67,6 Millionen Euro. Hamburgs städtischer Wasserversorger sieht sich jedoch mit fortschreitenden Kostensteigerungen konfrontiert und ohne eine Umkehr des Trends erwartet Hamburg Wasser bis zum Jahr 2030 Kostensteigerungen von 45 Prozent in den Bereichen Trinkwasser und Abwasser im Vergleich zu 2022. Das Unternehmen plant, dieser Entwicklung unter anderem mit Effizienzsteigerungen und einer schnelleren Digitalisierung entgegenzuwirken. Gleichzeitig wird Hamburg Wasser sein Produktangebot um recyceltes Wasser erweitern. Im Pilotquartier Jenfelder Au wird der städtische Versorger in Kürze Brauchwasser aus aufbereitetem Abwasser und Regenwasser an einen dort ansässigen Gewerbepark liefern.
Ingo Hannemann, Sprecher der Geschäftsführung von Hamburg Wasser, hat das Pilotprojekt anlässlich der heutigen Jahres-Pressekonferenz vorgestellt: „Ein großer Teil des häuslichen Wasserbedarfs unterliegt einer saisonalen Beeinflussung. Mit der Zunahme von begrünten Dächern und Fassaden in der Stadt wird die Nachfrage im Sommer weiter ansteigen, weil Gründächer und Co. in langen Trockenphasen ebenfalls bewässert werden müssen. Das vergrößert den Druck auf unsere Versorgungssysteme und die Ressource Grundwasser. Mit unserem Projekt zum Wasserrecycling möchten wir ein Produkt entwickeln, das hilft, solche Bedarfsspitzen abzupuffern. Wenn sich das Konzept bewährt, stellt es eine Anpassungsoption dar, die in ganz Deutschland helfen kann, die kommunale Wasserversorgung robuster zu gestalten und Nutzungskonflikten vorzubeugen.“
Innovatives Abwassersystem kommt zum Einsatz
Im Neubauquartier Jenfelder Au kommt das innovative Abwassersystem zum Einsatz, welches die Abwasserströme konsequent aufteilt, um sie optimal zu nutzen. Dieses System folgt dem Prinzip der häuslichen Mülltrennung, bei der einzelne Abwässer getrennt abgeleitet und behandelt werden.
„Das Toilettenwasser der Jenfelder Au erfassen wir bereits seit gut vier Jahren mit einem Unterdrucksystem. Die Fäkalien werden dabei nicht wie sonst üblich mit viel Wasser Richtung Klärwerk geschwemmt, sondern relativ unverdünnt per Vakuumkanalisation eingesammelt und dezentral verwertet. Allein das spart gut 25 Prozent des häuslichen Wasserbedarfs“, sagt Ingo Hannemann.
Das Unternehmen geht mit dem Wasserrecycling nun einen weiteren Schritt voran. Dabei liegt der Fokus auf dem sogenannten Grauwasser, das beim Duschen, Spülen und Waschen in den Haushalten entsteht. Bisher wurde dieses Grauwasser in das herkömmliche Abwassersystem geleitet und im zentralen Klärwerk im Hamburger Hafen behandelt. Zukünftig wird es auch dezentral in der Jenfelder Au aufbereitet. Hierfür hat Hamburg Wasser eine Methode entwickelt, die Schadstoffe im Grauwasser zuverlässig entfernt.
„Die Qualität des recycelten Grauwassers ist so gut, dass es bedenkenlos zur Bewässerung von Pflanzen und zur Spülung der Toilette genutzt werden kann. Kombiniert mit eingesammeltem Regenwasser und konsequent angewendet, wird der Trinkwasserbedarf damit erheblich sinken“, so Ingo Hannemann.
Projekt hat eine Laufzeit von fünf Jahren
Das Recyclingprojekt hat eine begrenzte Laufzeit von fünf Jahren. In dieser Zeit wird Hamburg Wasser ein Infrastruktur-Modul entwickeln und testen. Dieses Modul dient der Speicherung, Steuerung und Bereitstellung von Wasser für den Gebrauch von Brauchwasser. Das Ziel ist es, in einem Gewerbepark Regenwasser zusammen mit aufbereitetem Grauwasser als Brauchwasser zu nutzen und somit Trinkwasser zu ersetzen. Dadurch wird das Grundwasser geschont. Im Verlauf des Projekts wird das Einsparpotenzial analysiert. Die Ergebnisse werden vom Unternehmen mit der Wasser- und Wohnungswirtschaft geteilt, um eine bestmögliche Abschätzung der Übertragbarkeit und möglicher Skalierungseffekte zu ermöglichen.
„Das Wasserrecycling könnte sich als Kernelement für die wassersensible Stadtentwicklung der Zukunft entwickeln – nicht nur in Hamburg. Es ist unser Anspruch, Treiber solcher neuen Lösungen zu sein“, blickt Ingo Hannemann voraus.
Trinkwasserverkauf ist im Vergleich zum Vorjahr geringer ausgefallen
Wirtschaftlich war das Jahr 2022 für Hamburg Wasser erfolgreich – trotz schwieriger Bedingungen. Insgesamt hat das Unternehmen im vergangenen Jahr 2,2 Millionen Menschen mit 114,5 Millionen Kubikmetern Trinkwasser versorgt und 153 Millionen Kubikmeter Abwasser gereinigt.
„Der Trinkwasserverkauf ist im Vergleich zum Vorjahr damit rund anderthalb Millionen Kubikmeter geringer ausgefallen – trotz Rekordtemperaturen im Sommer. Wir gehen davon aus, dass sich die exorbitant gestiegenen Energiekosten auf die Nutzung von insbesondere Warmwasser ausgewirkt haben,“ bilanziert Gesine Strohmeyer.
Der Gewinn aus dem Trinkwassergeschäft liegt mit 28,7 Millionen Euro gut zehn Millionen unter dem Vorjahresniveau und wird an die Freie und Hansestadt Hamburg abgeführt.
„Das außerordentlich gute Ergebnis des Jahres 2021 hing maßgeblich mit einem Einmaleffekt zusammen, der sich durch einen Grundstücksverkauf ergeben hatte. Insofern waren wir auf einen Gewinnrückgang im Jahr 2022 vorbereitet. Mit dem erwirtschafteten Jahresüberschuss sind wir sehr zufrieden. Dass wir im Konzernverbund das Niveau der Vorjahre trotz der gesunkenen Wasserliefermenge annähernd erreicht haben, ist ein Erfolg“, ordnet Gesine Strohmeyer den Ertrag aus dem Trinkwassergeschäft ein.
Bis 2026 wird mehr als eine Milliarde Investition
Das Ergebnis der Abwassersparte beträgt 67,6 Millionen Euro, die in die Rücklagen des Unternehmens fließen und für Investitionen in den Funktionserhalt von Kanalisation und Klärwerk genutzt werden. Gesine Strohmeyer erklärt, dass um das hohe Maß an Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten, das die Kundinnen und Kunden gewöhnt sind, umfassende Investitionen getätigt werden. Im Jahr 2022 allein wurden über 210 Millionen Euro investiert und bis 2026 soll noch über eine Milliarde hinzu kommen. Neben den Werken und Netzen wird auch verstärkt auf die Systeme zur IT-Sicherheit geachtet. Es gibt jedoch auch drastische Kostensteigerungen in diesem Bereich.
Insgesamt geht Hamburg Wasser angesichts der anhaltenden Inflation davon aus, bis 2030 Mehrkosten von gut 45 Prozent gegenüber 2022 schultern zu müssen. Gesine Strohmeyer schildert weiterhin, dass Netze und Werke für die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung stetige Investitionsbedarfe haben und einen hohen Anteil an Fixkosten aufweisen. Sie betont, dass Dienstleistungen wie IT-Sicherheit in Krisenzeiten unerlässlich sind. Sie stellt fest, dass es in vielen Bereichen Kosten gibt, die kaum beeinflusst werden können. Gleichzeitig führt der sorgsame Umgang mit der Ressource Wasser zu sinkenden Einnahmen. Sie kündigt an, dass das Unternehmen weitere Effizienzsteigerungen prüfen wird, um dieses Spannungsfeld zu lösen. Dabei liegt der Fokus auf der Digitalisierung der Prozesse.