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Wasserknappheit in Sachsen: Wer verbraucht das meiste Grundwasser?

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Autor: Sarah Hofer

Eine wasserrechtliche Erlaubnis ist erforderlich, wenn jemand mehr als 2.000 Kubikmeter Grundwasser pro Jahr abpumpen möchte.
Quelle: Pixabay/ kalhh

14. August 2023 Ι In Sachsen wird die Bevölkerung immer häufiger dazu aufgerufen, Wasser zu sparen und das Entnehmen von Wasser aus Fließgewässern ist in vielen Landkreisen verboten. Trotzdem sind Privathaushalte nicht die Hauptverbraucher von Trinkwasser. Stattdessen verbrauchen Industrie, Landwirtschaft und Getränkehersteller den größten Teil des Wassers und zahlen nur einen Bruchteil dessen, was die Bürger für den Kubikmeter bezahlen müssen.

Sachsen wird immer häufiger von trockenen Sommern und wenig Schnee im Winter heimgesucht, was zu sinkenden Grundwasserständen führt. In der Tat ist bundesweit so viel Grundwasser verloren gegangen, wie der Bodensee Wasser enthält. Mehr als die Hälfte aller Grundwasserstände in Sachsen sind auf einem Tiefststand, und laut dem Grundwasserforscher der TU Dresden, Prof. Andreas Hartmann, geht die Tendenz weiter bergab. Obwohl Behörden die Bürger immer häufiger zum Wassersparen aufrufen und das Entnehmen von Wasser aus Fließgewässern verbieten, sind Privatleute und die öffentliche Wasserversorgung nicht die Hauptverbraucher von Trinkwasser. Laut Statistischem Bundesamt machen sie nur ein Viertel des Gesamtverbrauchs aus, während fast drei Viertel von Industrie und Energieversorgern genutzt werden.

Grundwasserverbrauch der Industrieunternehmen unterliegt dem Betriebsgeheimnis

Eine wasserrechtliche Erlaubnis ist erforderlich, wenn jemand mehr als 2.000 Kubikmeter Grundwasser pro Jahr abpumpen möchte. Die Erlaubnis legt die maximale Menge fest, die der Antragsteller pro Jahr entnehmen darf, und der Verbrauch muss der Landkreisverwaltung gemeldet werden. In Sachsen haben laut Landesdirektion 380 Industriebetriebe (ohne Bergbau) die Erlaubnis, Grundwasser zu entnehmen. Für die Landwirtschaft gibt es 507 Genehmigungen und für Mineralwasserhersteller 30.

So liegt die genehmigte mittlere Grundwasserentnahme (in m³ pro Jahr) beispielsweise bei der Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft mbH bei 22,6 Millionen und der Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH bei 3,48 Millionen. Diese und noch weitere Unternehmen gewinnen das Wasser über eigene Brunnen und Anlagen. Diese Zahlen bedeuten allerdings nicht, dass sie Sachsens größte Grundwasserverbraucher sind. Viele Industrieunternehmen sind an das öffentliche Netz angeschlossen und beziehen darüber Trinkwasser, Rohwasser oder aufbereitetes Brauchwasser. Der Verbrauch dieser Unternehmen unterliegt jedoch in der Regel dem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis, wie das sächsische Umweltministerium erklärt.

„Wir bitten um Verständnis, dass wir Detailangaben hierzu nicht veröffentlichen. Dies betrifft die Wasserentnahmen der vergangenen Jahre, wie auch eine perspektivische Zukunftsbetrachtung der jährlichen Mengen”, antwortet der Sprecher Hendrik Wagner laut MDR.

Tatsächliche Entnahmemengen bleiben unklar

„Die genehmigten Entnahmemengen erlauben keinen Rückschluss auf die tatsächlichen Entnahmemengen und dem Gesamtwasserverbrauch eines industriellen Unternehmens”, betont das sächsische Umweltministerium.

Auch für den Bereich Landwirtschaft gilt dies, denn sehr viel Wasserverbrauch der Landwirtschaft wird gar nicht gemeldet. Das heißt, es ist gar nicht klar, wie viel Wasser in die Landwirtschaft geht, denn wie viel Firmen und Landwirte vom Grundwasser entnehmen, müssen sie selbst anzeigen. Diese Zahlen werden nicht überprüft und aufgrund von Personalmangel finden derzeit keine Kontrollen statt.

Mineralbrunnenindustrie produziert etwa 12,3 Milliarden Liter Mineralwasser

Die Mineralbrunnenindustrie in Deutschland, die aus 189 Betrieben besteht, produziert laut der Online-Statistik-Plattform Statista etwa 12,3 Milliarden Liter Mineralwasser. Die Menge an Grundwasser, die von den 30 Mineralwasserherstellern in Sachsen aus tiefen Bodenschichten entnommen wird, unterliegt jedoch dem Steuergeheimnis, wie das Umweltministerium mitteilt. Die Radeberger Exportbierbrauerei deckt ihren Bedarf für die Bierproduktion aus vier eigenen Tiefbrunnen, die sich im acht Kilometer entfernten Karswald befinden. Der Lausitzer Granitsockel, auf dem sich im Laufe der Jahrtausende nur wenige wasserdurchlässige Schichten abgelagert haben, ermöglicht es, das Grundwasser direkt für den Brauprozess nutzen zu können.

Experten sehen es jedoch als problematisch an, wenn in großen Mengen Grundwasser für Mineralwasser oder Biere aus tiefen Bodenschichten gepumpt wird. Das Wasser in diesen Schichten regeneriert sich erst innerhalb von Jahrtausenden und die Erneuerungsraten von Tiefengrundwasser sind schwer messbar, wie der Dresdner Grundwasserexperte Prof. Andreas Hartmann feststellt.

Wasserpreise 35 bis 50 Mal teurer für private Haushalte

Im Haushaltsbegleitgesetz 2023/24 hat Sachsen die Vorschriften zur Abgabe bei Wasserentnahme im Sächsischen Wassergesetz (SächsWG, Paragraf 91) überarbeitet. Für die Nutzung von Grundwasser gilt ein Wassercent von 5,6 Cent je Kubikmeter, während für die Nutzung von Wasser aus Seen und Flüssen 1,7 Cent je Kubikmeter fällig werden.

Im Vergleich dazu müssen private Haushalte in Sachsen für einen Kubikmeter Trinkwasser (netto und ohne Abwassergebühr) mehr als zwei Euro bezahlen, je nach Versorgungsgebiet sogar bis zu 2,94 Euro. Das ist 35 bis 50 Mal mehr als für Industrieverbraucher. Ab 2026 werden auch Braunkohleunternehmen die 5,6 Cent pro Kubikmeter zahlen müssen. Bis dahin sind sie jedoch befreit, wie auch früher die Kohleindustrie vom Wasserpfennig in Sachsen befreit war. Nur für Kühlwasser aus Grundwasser oder Flüssen müssen jetzt 20 Cent je Kubikmeter bezahlt werden. Die Einnahmen Sachsens durch den Wassercent in diesem Jahr sind unklar, da der Verbrauch erst im Frühjahr 2024 angegeben werden muss. Im Haushaltsplan 2021/2022 war von knapp sieben Millionen Euro die Rede.

Wasserbedarf wird sich voraussichtlich bis 2030 verdoppeln

Prognosen zufolge wird sich der Wasserbedarf für die Industrie in Sachsen bis zum Jahr 2030 verdoppeln. Schon jetzt wird etwa ein Drittel des Trinkwassers in der Region Dresden in der Industrie verwendet, was täglich etwa 30.000 Kubikmetern entspricht. Der örtliche Wasserversorger “SachsenEnergie” plant nun, das Trinkwasser vom Industriewasser zu entkoppeln, um trotz des hohen Verbrauchs in der Industrie und Chip-Produktion genügend Trinkwasser für die Bevölkerung bereitzustellen.

„Die Trinkwasserversorgung ist im Moment gesichert. Die Erkenntnis, dass Wasserentnahme nicht selbstverständlich ist, ist relativ neu”, betont der sächsische Umweltminister Wolfram Günther (Grüne).

Sachsen habe von seinen Vorfahren ein System übernommen, das bis heute funktioniert. Damit das so bleibe, müsse sorgsam mit der Ressource umgegangen und investiert werden.

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