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Kamerabefahrung und Reinigung eines Horizontalfilterbrunnens von 1926

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Autor: Sina Ruhwedel

Seit nunmehr über 90 Jahren sichert die Ammertal-Schönbuchgruppe (ASG) mit Sitz in Holzgerlingen die Wasserversorgung zahlreicher Gemeinden rund um den Schönbuch, einen Naturpark südwestlich von Stuttgart im Keuperbergland des südwestdeutschen Schichtstufenlandes. 65 % des verteilten Wassers entstammt eigenen Anlagen, 35 % werden von der Bodensee-Wasserversorgung bezogen. Bei einer  Jahresabgabe von ca. 6,7 Mio. m3 können 423 Liter in der Sekunde bereitgestellt werden.

Ein wichtiges Standbein der ASG stellt ein Horizontalfilterbrunnen im Neckartal zwischen Rottenburg und Tübingen dar. Dieser Brunnen aus dem Jahr 1926 erschließt quartäres Grundwasser aus fluviatilen Ablagerungen und wurde einst in offener Bauweise erstellt. Von einem 10 m tiefen, runden Zentralschacht aus Steinquadern mit einem Durchmesser von 4 m gehen drei quadratische, 0,4 x 0,6 m große Horizontalstränge ab, die ebenfalls aus (flachen) Steinquadern bestehen. Zwei Stränge erreichen gemäß Plan eine Länge von ca. 210 m, der dritte erstreckt sich, unterbrochen durch einen Beobachtungschacht mit Höhenversatz, auf fast 300 m Länge. Der Brunnen garantiert eine Entnahmemenge von ca. 50 l/s.

Im Laufe der Jahrzehnte waren zwei Bäume im unmittelbaren Umfeld des Brunnens zu beachtlicher Größe herangewachsen. Deren Wurzelwerk hatte sich über die Horizontalstränge bis in den Zentralschacht ausgebreitet, so dass die Bäume zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung letztlich gefällt werden mussten. Im Anschluss sollte der Brunnenzustand erstmals mittels Kamerabefahrung dokumentiert werden. Mit dieser Aufgabe inklusive der Entfernung des Wurzelwerkes wurde die Etschel Brunnenservice GmbH betraut.

Bild 1: Abstieg Taucher in Brunnenschacht

Bild 2: Kameraeinheit auf Fahrwagen

Arbeitsablauf:

Zunächst erfolgte die Befahrung des Zentralschachtes in üblicher Vorgehensweise. Zur Erkundung der Horizontalstränge war ein Berufstaucherteam (siehe Bild 1) erforderlich, dessen Aufgabe es war, die auf einen Fahrwagen montierte Kamera (siehe Bild 2) in die Stränge einzusetzen. Deren Zugänglichkeit erwies sich zunächst als stark eingeschränkt, da massive Wurzeleinwüchse bis ca. 7 m Tiefe ein Vorankommen der Kameraeinheit behinderten. Ein mechanisches Lösen des Wurzelwerks (siehe Bild 3) mittels tauchergeführter Spezialgerätschaften ermöglichte aber schließlich die Befahrungen. Mit zunehmender Entfernung vom Zentralschacht wiesen die Stränge eine stetig anwachsende, sandig-kiesige Auflandung auf, wodurch sie nicht über die gesamte Länge befahren werden konnten. Die Auflandung war durch die Spalten zwischen den Steinquadern eingedrungen. Materialschäden waren nicht erkennbar. Nach Erlangung dieser ersten, grundlegenden Erkenntnisse und einer Reinigung von Schachtwand und Sohle wurden die Arbeiten zunächst beendet, um neun Monate später fortgesetzt zu werden. Die Unterbrechung diente insbesondere dazu, stärkere Restwurzeln ihrem natürlichem Absterbe-/Aufweichungsprozess zu überlassen. Beim zweiten Einsatz gelang dann eine nahezu vollständige Entfernung der Wurzeln aus den Strängen, mit einem stärkeren Fahrwagen konnten größere Befahrungslängen erzielt werden. Auch im weiteren Bauwerksverlauf waren keine Schäden erkennbar. Bild 4 vermittelt einen Eindruck vom Zustand der Stränge vor und nach der Reinigung. Diskutiert werden aktuell eine mögliche Räumung der Sohlen der Horizontalstränge mittels einer speziell angepassten, gerichteten Hochdruckspülung, um die Befahrungen im Anschluss ausweiten zu können. Aufgrund von Bauwerkskonstruktion- und -alter wäre hier jedoch mit größter Vorsicht vorzugehen, um Ausspülungen im Strangumfeld und eventuell daraus resultierende Beschädigungen der Gesamtstruktur zu vermeiden.

Bild 3: Entferntes Wurzelwerk (Teilmenge)

Fazit:

Der hier beschriebene Brunnen stellt hinsichtlich Alter und Konstruktion einen nichtalltäglichen Sonderfall dar. Gerade in solch ungewöhnlichen Situationen ist es wichtig, dass erfahrene Fachfirmen die vorhandene
Datengrundlage eingehend analysieren und zusammen mit dem Auftraggeber und verlässlichen Partnern eine erfolgsversprechende Problemlösung erarbeiten. Bei der Ausführung der Arbeiten ist neben der gebotenen Sorgfalt und Vorsicht größtmögliche Flexibilität gefordert, um im Sinne einer Kostenreduktion auf nicht planbare Eventualitäten möglichst schnell und zielführend reagieren zu können.

Kontakt: Etschel Brunnenservice GmbH, Planegg, Robert Pietsch, Tel. +49 89 420496-44, r.pietsch@etbs.de, www. etbs.de

 

Bild 4: Bilder zum Zustand der Stränge

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