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Wie Antibiotika ins Trinkwasser gelangen können

Antibiotika sind unter Umständen lebensrettend, doch ihr massenhafter Einsatz hinterlässt Spuren in der Umwelt – von Gewässern bis zu Böden. Die zunehmende Resistenzbildung gefährdet nicht nur die Gesundheit von Mensch und Tier, sondern auch ganze Ökosysteme. 

von | 21.11.24

Antibiotika können über behandeltes Abwasser in Oberflächengewässer, Böden oder sogar ins Grund- und Trinkwasser eingetragen werden
Quelle: Pixabay/EmilianDanaila
Antibiotika

Durch behandelte Abwässer, Mischwasserüberläufe oder Gülle können Antibiotika nach der Anwendung in die Umwelt gelangen und dort Organismen schädigen sowie Resistenzen fördern. Antibiotika werden seit Jahrzehnten in der Human- und Tiermedizin in großem Umfang genutzt. Doch die Wirksamkeit vieler Antibiotika ist bedroht, da immer mehr Bakterien Resistenzen entwickeln und so nicht mehr effektiv bekämpft werden können. Das Umweltbundesamt hat ein FAQ zu Antibiotika und Antibiotikaresistenzen zusammengestellt.

1. Wie gelangen Antibiotika in die Umwelt?

Durch ihre langjährige Nutzung gelangen Antibiotika und deren Abbauprodukte in die Umwelt. Nach der Einnahme werden sie über die Ausscheidungen der Patient:innen in die Abwasserströme abgegeben und erreichen Kläranlagen, wo sie aufgrund ihrer chemischen Stabilität und geringen biologischen Abbaubarkeit oft nur unzureichend entfernt werden. So können Antibiotika über behandeltes Abwasser in Oberflächengewässer, Böden oder sogar ins Grund- und Trinkwasser eingetragen werden. In der Tiermedizin werden sie durch die Ausscheidungen behandelter Tiere in die Umwelt freigesetzt. Der Einsatz von Gülle und Mist als Dünger oder die direkte Ausscheidung auf Weideflächen tragen zusätzlich zur Verbreitung der Wirkstoffe in Böden und Gewässern bei.

 

2. Wie viele Antibiotika wurden bereits in der Umwelt nachgewiesen?

In Deutschland wurden bisher 64 verschiedene Antibiotika in der Umwelt nachgewiesen. EU-weit sind es 124 und weltweit sogar 199. Das Umweltbundesamt stellt in der Datenbank „Arzneimittel in der Umwelt“ Messwerte zu Antibiotikakonzentrationen aus zahlreichen Umweltproben weltweit bereit. Diese basieren auf öffentlich zugänglicher Literatur. Bis 2020 wurden darin Umweltkonzentrationen („Measured Environmental Concentrations“, MEC) von Human- und Tierarzneimitteln in verschiedenen Bereichen wie Oberflächengewässern, Grundwasser, Sedimenten, Gülle, Klärschlämmen und Böden dokumentiert.

3. Wie wirken sich Antibiotika auf die Umwelt aus?

Antibiotika und ihre Abbauprodukte wirken sich nachweislich negativ auf die Umwelt aus, da sie direkt Umweltorganismen schädigen können. Schon geringe Konzentrationen, etwa wenige Mikrogramm pro Liter, können in Gewässern erhebliche Schäden bei Algen und Cyanobakterien verursachen. Das stört das natürliche Nahrungsnetz und kann ganze Ökosysteme gefährden. Auch im Boden zeigen Antibiotika schädliche Effekte, beispielsweise durch Beeinträchtigung der Bodenorganismen und einer damit verbundenen Abnahme der Bodenfruchtbarkeit. Zudem können sich bestimmte Antibiotika im Boden anreichern, von Nutzpflanzen aufgenommen werden und so entweder toxische Wirkungen entfalten oder in die Nahrungskette gelangen.

Die Umwelt ist Reservoir und Überträger für Antibiotikaresistenzen. Quelle: UBA

4. Was ist eine Antibiotikaresistenz?

Antibiotikaresistenz ist eine Eigenschaft oder Fähigkeit eins Bakteriums, die es unempfindlich gegenüber einem oder mehreren Antibiotika macht. Im Falle einer Infektion mit diesem Bakterium zeigt das entsprechende Antibiotikum keine hinreichende Wirkung mehr und kann somit nicht mehr zur Therapie eingesetzt werden. Infektionen mit resistenten Bakterien sind schwieriger oder schlimmstenfalls gar nicht zu behandeln und können lebensbedrohlich werden.

 

5. Welche Rolle spielen Antibiotikaresistenzen in der Umwelt?

Antibiotikaresistenz ist grundsätzlich ein natürliches Phänomen. Resistente Bakterien kommen überall in der Umwelt vor, da einige Mikroorganismen wie Pilze oder Bakterien Antibiotika als natürliche Abwehrstoffe gegen konkurrierende Arten produzieren. Im Laufe der Evolution haben sich die konkurrierenden Bakterien Resistenzen gegen diese Substanzen entwickelt. Antibiotika und Antibiotikaresistenzen sind also Teil des natürlichen Ökosystems. Seitdem Antibiotika ab den 1940er Jahren verstärkt in der Medizin eingesetzt werden, ist die Zahl resistenter Bakterien jedoch kontinuierlich angestiegen.

Wenn Bakterien einer Antibiotikabehandlung ausgesetzt werden, gibt es oft einzelne Bakterien, die zufällig eine Resistenz aufweisen. Diese Bakterien können überleben, sich vermehren und die resistenten Gene weitergeben – ein Prozess, der als Selektion bezeichnet wird. Selektion tritt sowohl bei der Anwendung von Antibiotika in der Medizin als auch in der Umwelt auf. Zusätzlich können Bakterien ihre Resistenzgene untereinander austauschen, was als horizontaler Gentransfer bezeichnet wird. Auf diese Weise können Bakterien eine Vielzahl von Resistenzgenen sammeln und gegenüber verschiedenen Antibiotika unempfindlich werden.

 

6. Für welche Maßnahmen plädiert das Umweltbundesamt?

Der Einsatz von Antibiotika erzeugt immer einen Selektionsdruck, weshalb der verantwortungsvolle Umgang mit diesen Medikamenten in der Human- und Tiermedizin entscheidend ist, um die Entstehung von Resistenzen zu verhindern. Zusätzlich muss die Weiterentwicklung von Hygienemaßnahmen an der Schnittstelle zwischen Klinik, Umwelt und Tierhaltung intensiviert werden.

Auch jeder Einzelne kann zur Bekämpfung von Resistenzen beitragen – durch gute Hygiene und einen gesunden Lebensstil lässt sich beispielsweise der Bedarf an Antibiotika reduzieren. Die richtige Entsorgung von Altarzneimitteln ist ebenso wichtig.


Originalpublikation: Umweltbundesamt

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