08. September 2023 Ι Das Umweltbundesamt fordert, die Emissionen von PMT/vPvM-Stoffen, die schwer abbaubar, mobil und teilweise toxisch sind, zu minimieren, um unsere Wasserressourcen zu schützen. Vier neue Studien des UBA zeigen den dringenden Handlungsbedarf auf. Das UBA veröffentlicht eine Liste mit 259 solcher Stoffen und ruft die chemische Industrie zum sofortigen Handeln auf.
PMT/vPvM-Stoffe sind Chemikalien, die zugleich persistent (P), mobil (M) und teilweise toxisch (T) sind. Im Fall von vPvM-Stoffen handelt es sich sogar um sehr persistente (vP) und sehr mobile (vM) Verbindungen. Die Verbindungen dieser Stoffgruppe haben die gleichen Eigenschaften, können aber für unterschiedliche Zwecke verwendet werden: als Pestizide, Biozide, Arzneimittelwirkstoffe oder Industriechemikalien. Sie werden bei der Herstellung von Farb- und Klebstoffen oder als Korrosionsschutz für Metalle, zum Beispiel in Reinigungstabs für Geschirrspülmaschinen, eingesetzt. Sie sind äußerst stabil und bewegen sich mit dem Wasserkreislauf. Wenn sie unsere Wasserressourcen erst einmal kontaminiert haben, können sie – wenn überhaupt – nur mit hohem Aufwand wieder entfernt werden.
UBA untersucht PMT/vPvM-Vorkommen in vier neuen Studien
Das UBA hat in vier neuen Studien das Vorkommen von PMT/vPvM-Stoffen in der Umwelt untersucht. Demnach kommen schwer abbaubare und mobile Chemikalien in der Umwelt deutlich häufiger vor als bisher bekannt. Einige davon sind mobile Ewigkeitschemikalien aus der Gruppe der per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS), und viele können durch herkömmliche Methoden der Wasseraufbereitung wie Ozonung oder Aktivkohlefilter nicht entfernt werden.
Forschungspartner des UBA haben bei 13 deutschen Trinkwasserversorgern 76 Proben aus Oberflächenwasser, Grundwasser und Uferfiltrat untersucht. In jeder Wasserprobe wurden sie fündig: Die Wissenschaftler*innen identifizierten zahlreiche PFAS – meist mobile Ewigkeitschemikalien – sowie auch nicht-fluorierte Stoffe wie 1-H Benzotriazol, 1,4-Dioxan und Melamin, bei denen sich den UBA-Fachleuten die Frage stellt, ob sie nicht auch mobile Ewigkeitschemikalien sind.
Die Chemikalien sind langlebig und mobil
Um das Risiko von PMT/vPvM-Stoffen für Mensch und Umwelt zu bewerten, sind nicht die lokal gemessenen Konzentrationen entscheidend. Problematisch sind vielmehr die extreme Langlebigkeit und die hohe Mobilität der Chemikalien. Aufgrund dieser besonderen Stoffeigenschaften könnten die Konzentrationen auf lange Sicht steigen und PMT/vPvM-Stoffe sich weit in der Umwelt ausbreiten.
UBA-Präsident Dirk Messner sieht daher die chemische Industrie in der Pflicht, die Emissionen dieser PMT/vPvM-Stoffe zu minimieren: „Der nachhaltige Schutz unserer Trinkwasserressourcen und der menschlichen Gesundheit müssen hier Vorrang haben. Denn sind die Trinkwasserressourcen erst einmal mit persistenten Chemikalien belastet, ist dies kaum oder nur noch mit immensem Aufwand und Kosten wieder zu beheben.“
Staatsekretärin appelliert ebenfalls an die Industrie
Eine breit angelegte Literaturrecherche zeigt darüber hinaus, dass bereits heute über 600 Chemikalien in unseren Wasserressourcen detektiert wurden. Rund die Hälfte der nachgewiesenen Chemikalien fällt dabei unter die Vorschriften der europäischen Chemikalienverordnung REACH. Viele davon sind wiederum PMT/vPvM-Stoffe.
Dr. Christiane Rohleder, Staatsekretärin im BMUV, sagt: „Ich bin dem UBA sehr dankbar für die hier geleistete Arbeit. Diese Ergebnisse sind ausgesprochen wichtig und zeigen, dass diese Klasse von Stoffen ein relevantes Thema für unsere Wasserressourcen darstellt. Ich appelliere deshalb an die Industrie, eigeninitiativ und vorsorglich die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um weitere Einträge dieser Stoffe in die Umwelt soweit wie möglich zu vermeiden.“
Hier setzt die jetzt veröffentlichte neue UBA-Liste an, die 259 PMT/vPvM-Stoffe aus der REACH-Registrierungsdatenbank umfasst: Die Hersteller und nachgeschalteten Anwender dieser Stoffe können mit Hilfe der UBA-Liste nun prüfen, bei welchen ihrer Chemikalien es sich um PMT/vPvM-Stoffe handelt. Anwender sollten die neuen Gefahrenklassen PMT und vPvM künftig bei der Selbsteinstufung berücksichtigen. Um unsere Wasserressourcen und die aquatische Umwelt für zukünftige Generationen zu schützen, müssen sie die Emissionen dieser Chemikalien während ihres gesamten Lebenszyklus deutlich minimieren.