Hochwasser, Trockenheit, Klimawandel, intensive Landwirtschaft oder Energiewende: Die Liste der Herausforderungen für die Wasserwirtschaft ist lang. Die DWA zeigt klare Lösungen auf und benennt die konkreten Handlungsfelder: Anpassungsmaßnahmen an Wetterextreme, Bebauungsverbote in Überschwemmungsgebieten, verlässliche Rahmenbedingungen für die Energiewende und ein Paradigmenwechsel in der Landwirtschaft.
DWA übergibt Politikmemorandum an Bundestagsfraktionen
„Die Wasserwirtschaft kann und will ein wichtiger Partner für ein krisenfestes und nachhaltiges Deutschland sein und möchte zu mehr Energiesicherheit und Klimaschutz beitragen“, betont DWA-Präsident Prof. Uli Paetzel bei der Übergabe des DWA-Politikmemorandums 2022 an die umweltpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen in Berlin. „Im Koalitionsvertrag wurden wichtige Punkte für eine zukunftsfeste Bewirtschaftung unserer Wasserressourcen vereinbart. Diese gilt es, nun gemeinsam umzusetzen.“
Wasser substanzieller Baustein einer resilienten Energieversorgung
Deutschland benötigt ein nachhaltiges und resilientes Energieversorgungssystem, um die Abhängigkeit von internationalen Energiemärkten deutlich zu verringern und die Treibhausgasemissionen gleichzeitig in erheblichem Umfang zu mindern. Die deutsche Wasserwirtschaft steht bereit, hierzu einen substanziellen Beitrag zu leisten. Dabei gilt es, nachhaltig und gewässerverträglich vorzugehen. Wesentlicher Baustein ist das gezielte Repowering der sogenannten großen Wasserkraft und der bestehenden Blockheizkraftwerke zur Klärgasverstromung auf Kläranlagen. Zudem können die ca. 9000 Kläranlagenstandorte in Deutschland für Photovoltaik und ggf. für Windkraftanlagen genutzt werden. Wichtig ist, die Nutzung regenerativer Energien zu vereinfachen und zu begünstigen. Schwimmende Photovoltaikflächen auf Gewässern bieten u.U. weitere gute Möglichkeiten, wenn die umwelt- beziehungsweise gewässerökologisch verträgliche Umsetzung beachtet wird. Die DWA steht als technisch-wissenschaftlicher Fachverband bereit.
Überflutungsvorsorge beginnt in der Fläche
Trotz aller Fokussierung der Politik auf die sich völlig wandelnde europäische Außen- und Sicherheitspolitik werden Klimawandel und Biodiversitätskrise uns weiterhin als globale und existentielle Herausforderungen begleiten. Die Politik muss dem Schutz vor Überflutungen durch Hochwasser oder lokale Sturzfluten eine größere Bedeutung beimessen. Überflutungsvorsorge beginnt in der Fläche. Dezentrale Maßnahmen des Wasserrückhalts reduzieren Schäden in vielen Fällen effektiv. Die Bodennutzung in Land- und Forstwirtschaft muss angepasst werden, um flächendeckend den Anforderungen an Wasserrückhalt und Abflusshemmung besser zu entsprechen. Die zunehmende Bodenversiegelung muss zudem dringend gestoppt werden. Trotz aller Bemühungen die Abflussdynamik bei Starkregenereignissen durch natürliche Retention, Versickerung oder Abflussverzögerung zu dämpfen, wird es an vielen Stellen erforderlich werden, auch den technischen Hochwasserschutz in Form von Hochwasser- oder Regenrückhaltebecken zu verbessern. Die Hochwasservorsorge braucht weiterhin Finanzhilfen von Bund und Ländern sowie Verbesserungen zugunsten von Entwicklungsmaßnahmen im Städtebaurecht. Dies betrifft vor allem die Flächenverfügbarkeit.
Klimawandel bedeutet eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit intensiverer Niederschläge. Die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten und überschwemmungsgefährdeter Gebiete muss entsprechend aktualisiert werden. Die Bemessung muss auch größere Ereignisse als das statistisch alle 100 Jahre zu erwartende Hochwasser berücksichtigen. Das Bauen in Überschwemmungsgebieten muss generell verhindert und in überschwemmungsgefährdeten Gebieten stärker eingeschränkt werden. Die Verstärkung des technischen Hochwasserschutzes und das hochwasserangepasste Bauen darf nur in zwingenden Ausnahmefällen die Lösung sein.
Langfristiges Dürremanagement notwendig
Klimawandel heißt nicht nur Starkregen, Klimawandel heißt auch Hitze, Dürre und langanhaltende Trockenheit. Ähnlich wie bei Überflutungen gibt es keinen vollständigen Schutz vor diesen Klimaextremen. Nötig sind aber ein stärkerer Wasserrückhalt in Böden, vor allem durch Wiedervernässung und den Schutz von Mooren, weitere naturnahe Lösungen sowie die Ausrichtung der Flächennutzung stärker am Wasserhaushalt. Wo erforderlich müssen Wasserspeicher auf- oder ausgebaut werden. Erforderlich ist die Nachrüstung weitergehender Reinigungsstufen auf Kläranlagen an den vulnerablen Gewässerabschnitten, auch im Hinblick auf eine Abwasserwiederverwendung.
Es ist höchste Zeit für eine langfristige Vorsorge gegen Schäden durch Dürre und Trockenheit sowie auch beim Management akuter Ereignisse. Die Wasserwirtschaft benötigt keinen kurzfristigen Aktionismus nach Katastrophenereignissen, sondern eine nachhaltige Verfolgung strategischer wasserwirtschaftlicher Ziele in allen Zeiten, unterlegt mit einer verlässlichen, langfristigen Finanzierung. Notwendig ist ein integriertes Wasserressourcenmanagement, dass eine koordinierte Entwicklung und Bewirtschaftung von Wasser und Boden betreibt, dabei ökonomische und soziale Belange fördert, ohne die Funktion unserer lebenswichtigen Ökosysteme zu beeinträchtigen.
Agrarwende notwendig
Keine Landwirtschaft ohne Wasser, kein sauberes Wasser ohne eine umweltverträgliche Landwirtschaft. Wasserwirtschaft und Landwirtschaft sind in vielfältiger Weise aufeinander angewiesen. Die DWA setzt sich für eine gewässerschonende und gleichzeitig auskömmliche und leistungsfähige Landwirtschaft ein. Die auf Druck aus Brüssel durch den Bund vorgenommene Novellierung der Düngeverordnung reicht weder für einen umfassenden Schutz der Gewässer vor überhöhten Nitratkonzentrationen noch zur Umsetzung der Vorgaben der EU-Nitratrichtlinie. Eine neue Agrarpolitik ist notwendig – eine Agrarpolitik, die eine umweltschonende Lebensmittelproduktion in Deutschland dauerhaft sicherstellt und hier den Schwerpunkt setzt. In vielen Regionen ist weiterhin der zu hohe Tierbesatz bei zu geringer landwirtschaftlicher Fläche Hauptursache der Nährstoffüberschüsse. Eine flächengebundene Tierhaltung muss vorgegeben werden. Wasserpolitische Belange müssen integrativ innerhalb der Agrarpolitik Berücksichtigung finden, die Vorgaben zum Gewässerschutz müssen wesentlicher Bestandteil einer Förderpolitik für die Landwirtschaft sein.
Weitere Kernforderungen der Wasserwirtschaft
- Für die Erreichung eines guten Gewässerzustands im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie muss die Politik die wasserpolitischen Zielsetzungen auch in anderen Politikbereichen durchsetzen, beispielsweise durch Reduzierung der diffusen Stoffeinträge in die Gewässer aus Landwirtschaft, Industrie, Verkehr und der Kraftwerkswirtschaft.
- Bei der Revision der europäischen Kommunalabwasserrichtlinie muss sich die Bundesregierung für eine Aufnahme eines sachgerechten Niederschlagswassermanagements einsetzen und sicherstellen, dass zur Verringerung der Spurenstoffeinträge in die Gewässer in jedem Fall auch die Hersteller und Inverkehrbringer von Spurenstoffen in rechtliche Regelungen einbezogen werden.
- Bei der Novellierung der Abwasserabgabe zur Verbesserung des Gewässerschutzes sollte das System vereinfacht, Parameter reduziert und die Anreizwirkungen zugunsten des Gewässerschutzes reaktiviert werden.
- Die Politik muss eine wasserbewusste Stadtentwicklung stärker gezielt fördern, zum einen durch eine bessere und frühzeitige Integration in die Stadtentwicklungsplanung mit ihren Bezügen zur Bauleitplanung und zur Raumordnung, zum anderen bei der Finanzierung und der Ausgestaltung diesbezüglicher Rahmenbedingungen.
- Die Nationale Wasserstrategie ist mit einem interdisziplinär verankerten integrierten Wassermanagement zu verabschieden und muss das Bewusstsein der Gesellschaft für einen nachhaltigen Umgang mit Wasser stärken. Die Umsetzung muss mit einer angemessenen Förderkulisse ausgestattet werden, insbesondere für die Gewässerentwicklung.
(Quelle: DWA)