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PFAS Regelungen sind für Wasseranalytik nur teilweise umsetzbar

In der 2020 neugefassten EU-Trinkwasserrichtlinie und der deutschen Trinkwasserverordnung 2023 sind erstmals Parameterwerte für per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) festgelegt worden. Diese naturfremden, industriell hergestellten Chemikalien gelangen über eine Vielzahl von Produkten und Prozessen in die Umwelt. Der Nachweis und die Überwachung von derzeit nicht oder nur schwierig zu analysierenden Verbindungen bedeuten für die Wasseranalytik neue Herausforderungen.

von | 19.11.24

Das wasserchemische Labor am TZW betreibt seit vielen Jahren die Analyse und Bewertung von PFAS.
Quelle: TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser
PFAS

Die EU-Richtlinie 2020/2184 des Europäischen Parlaments und des Rates wurde im Dezember 2020 veröffentlicht. Sie ist mit der deutschen TrinkwV in nationales Recht umgesetzt. In der neugefassten Richtlinie 2020/2184 sind erstmals auch per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) mit zwei neuen Parameterwerten aufgenommen worden.

PFAS in der EU-Trinkwasserrichtlinie

Anhang I der neuen Richtlinie sieht einen Parameterwert von 0,1 µg/L für die Summe der Konzentrationen einer Auswahl von 20 perfluorierten Alkylsäuren vor. Diese 20 Zielverbindungen stellen somit nur eine sehr kleine Teilmenge aller bekannten PFAS dar. Geregelt werden damit Perfluoralkylsäuren (PFAA), die eine Perfluoralkyleinheit mit drei oder mehr (maximal 13) Kohlenstoffatomen enthalten. Bei dieser Vorgehensweise wird nicht zwischen den unterschiedlichen Toxizitäten der PFAA mit verschiedenen Alkylkettenlängen differenziert. Dies kann bei Vorliegen von PFAA-Kontaminationen in Trinkwässern zukünftig zu einer Verschlechterung der Beurteilung führen, insbesondere wenn ein hoher Anteil kurzkettiger PFAA geringer Toxizität vorliegt. Zusätzlich wurde der Summenparameter PFAS gesamt mit einem Parameterwert von 0,5 µg/L für die Summe aller PFAS eingeführt. Allerdings ist in der EU-Richtlinie an keine Definition des Begriffs PFAS zu finden.

Technische Leitlinien liegen jetzt vor

Die neuen Parameter sollten erst zur Anwendung kommen, wenn technische Regeln für die Überwachung dieses Parameters entwickelt worden sind. Diese technischen Regeln sollten ursprünglich bis zum 12. Januar 2024 vorliegen, tatsächlich wurden sie am 7. August 2024 mit der Bekanntmachung C/2024/4910 veröffentlicht: „Technische Leitlinien bezüglich der Analyseverfahren zur Überwachung der per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) in Wasser für den menschlichen Gebrauch“.

Wissenschaftler:innen aus dem Sachgebiet Wasserchemische Forschung am TZW waren Teil eines internationalen Konsortiums bestehend aus dem IWW sowie der Universität Örebro/Schweden und der Universität Kopenhagen/Dänemark. Dieses verglich in einem Beratungsprojekt für die EU-Kommission zahlreiche bestehende Analysenmethoden (Target-/Non-Target-Analytik, Summenparameter) bezüglich ihrer Eignung zur Bestimmung von Summe der PFAS und PFAS gesamt. Das Ergebnis floss in einen Entwurf dieser technischen Regeln ein. Nach Vorliegen der technischen Regeln können die Mitgliedsstaaten entscheiden, ob sie einen der Parameter oder beide anwenden.

In Deutschland wird nur der Parameter Summe der PFAS mit einem Grenzwert von 0,1 µg/L (gilt ab 12. Januar 2026) in der neuen TrinkwV umgesetzt. Zusätzlich führte Deutschland den zusätzlichen Parameter Summe PFAS-4 mit einem Grenzwert von 0,02 µg/L bzw. 20 ng/L (gültig ab 12. Januar 2028) für die Summe der Konzentrationen der vier PFAS PFOA, PFNA, PFHxS und PFOS ein. Dieser Parameter wurde unter Berücksichtigung der 2020 durch die European Food Safety Authority (EFSA) festgelegten zulässigen wöchentlichen Aufnahmemenge von 4,4 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht abgeleitet.

Inwiefern sind PFAS analytisch überwachbar?

Die 20 genannten Einzelverbindungen des Parameters Summe der PFAS umspannen eine große Bandbreite von PFAA mit Kettenlängen von C4 bis C13. Zum Zeitpunkt des Erscheinens der Richtlinie 2020/2184 waren noch für zwei der langkettigen Sulfonsäuren keine analytischen Standards verfügbar, die eine unabdingbare Voraussetzung für eine quantitative Analytik sind. Des Weiteren fehlten für einzelne PFAS des Anhangs III isotopenmarkierte Standards, die für eine genaue Konzentrationsbestimmung bei der HPLC-MS/MS-Analytik notwendig sind, um Matrixeffekte und Verluste bei der Probenvorbereitung rechnerisch zu korrigieren. Diese Lücken wurden mittlerweile teilweise geschlossen.

Es ist kritisch anzumerken, dass das Vorkommen von PFAS mit Kettenlängen > C10 in Trinkwässern äußerst unwahrscheinlich bzw. nahezu ausgeschlossen ist. Denn sie liegen in der Umwelt vorwiegend an Feststoffen gebunden oder in der ungesättigten Zone an der Luft/Wasser-Grenzfläche angereichert vor. Die starke Tendenz dieser Verbindungen zur Anreicherung an Grenzflächen stört auch deren Analytik aus Wasser enorm, da sie auch hier zur Adsorption, z. B. an Gefäßwandungen, neigen und somit auch die Gefahren von starken Minderbefunden sowie Verschleppungen bestehen.

Da diese Stoffe jedoch nun geregelt sind, wurde im technischen Komitee CEN/TC 230 Water Analysis die neue europäische Norm EN 17892 erarbeitet. Diese wurde im August 2024 veröffentlicht und wird in der technischen Leitlinie als Analysenmethode für Summe der PFAS empfohlen. Sie beschreibt die zwei Varianten der HPLC-MS/MS-Bestimmung: Verfahren mit Direktinjektion und Verfahren nach Festphasenextraktion (SPE). Diese Norm trägt insbesondere der besseren Erfassbarkeit der langkettigen PFAA sowie der Notwendigkeit niedriger Bestimmungsgrenzen (im Mittel 1,5 ng/L pro Einzelsubstanz) Rechnung.

Toxikologische Relevanz kritisch betrachten

Trotz fehlender Definitionen und fachlich zweifelhafter Festlegungen bzgl. der Parameter in der EU-Richtlinie 2020/2184 sowie aller daraus resultierenden analytischen Herausforderungen ist zu begrüßen, dass der Stoffgruppe der PFAS in der EU inzwischen eine große Aufmerksamkeit geschenkt wird. Damit wird  die Bestrebung eine weitgehende Beschränkung von PFAS in der EU zu erreichen unterstützt. Jedoch ist die einfache Addition von PFAS-Konzentrationen ohne Berücksichtigung ihrer toxikologischen Relevanz kritisch zu betrachten. Sie könnte zukünftig bei betroffenen Wasserversorgungen zu Schwierigkeiten führen. Für den Schutz der menschlichen Gesundheit erscheint ein Summenparameter, der sowohl sehr kurzkettige als auch langkettige PFAS mit völlig unterschiedlichen toxikologischen Eigenschaften erfasst, wenig sinnvoll.

Originalbeitrag
Persulfate-based total oxidizable precursor (TOP) assay approaches for advanced PFAS assessment in the environment


Quelle: TZW

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