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Es braucht mehr Expertise für Trinkwassersicherheit

Der Klimawandel hat starke Auswirkungen auf die Trinkwasserqualität: Um das Risiko wasserbedingter Infektionen in den Griff zu bekommen, sind interdisziplinäre Anstrengungen dringend geboten – etwa im Bereich Pathogen-Monitoring, Erregerdiagnose, Public Health und Infrastrukturmanagement. Vor diesem Hintergrund findet im Forschungsschwerpunkt „Engineering for Health“ der TU Braunschweig ein gemeinsames, englischsprachiges Forschungsmodul mit der Universität in Nablus statt, an dem Medizinstudierende aus dem Westjordanland sowie Biologiestudierende der TU Braunschweig teilnehmen.

von | 25.07.25

Gruppenfoto: Palästinensische Medizinstudierende und Biologiestudierende der TU Braunschweig im internationalen Forschungsmodul zum Thema „Klimawandel und Wasserinfektionen“, hier am RKI in Wernigerode.
Quelle: Mohamed-Abdelbary
Expertise; Braunschweig

Das internationale Forschungsmodul „Auswirkungen des Klimawandels auf wasserbedingte Infektionen und die Trinkwassersicherheit“ ist ein gemeinsames Projekt der Technischen Universität Braunschweig und der An-Najah National University Nablus (Westjordanland bzw. Westbank). Das An-Najah National University Hospital gehört zur Fakultät für Medizin und Gesundheitswissenschaften und ist das einzige Lehrkrankenhaus im Westjordanland. Die gemeinnützige Einrichtung ist die wichtigste Drehscheibe für medizinische Dienstleistungen in den palästinensischen Territorien und entwickelte sich seit ihrer Gründung im Jahr 2013 rasch zu einem wissenschaftlichen Zentrum für das Gesundheitswesen.

Zukunftweisende Partnerschaft der Universitäten

Professor Michael Steinert von der TU Braunschweig (Institut für Mikrobiologie) plante das Ausbildungsmodul zusammen mit Dr. Ashraf Zayed von der An-Najah National University. Im Rahmen der Internationalisierungsstrategie der TU Braunschweig wird das ProDiGI-Projekt (Promoting Digital Education through Global Interconnection) durch das Projekthaus der TU Braunschweig begleitet und als Erasmus+ KA171 Partnerländer-Programm vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) mit Unterstützung und großem Einsatz des International House der TU Braunschweig gefördert.

Einfluss des Klimawandels auf das Trinkwasser

Im Jahr 2010 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen mit der Resolution 64/292 das Recht auf sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung als Menschenrecht anerkannt. Dennoch haben weiterhin rund zwei Milliarden Menschen weltweit keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Wasser oder sanitären Anlagen. Der Klimawandel verschärft diese Situation und kann bereits bestehende Konflikte um die begrenzten Wasserressourcen weiter anheizen.

Mit der globalen Erwärmung steigt die gesundheitliche Gefährdung des Menschen durch wasserbedingte Infektionen. Steigende Wassertemperaturen begünstigen die Vermehrung von Krankheitserregern und führen zu Temperaturanpassungen bislang apathogener, also nicht-krankmachender Mikroorganismen. Starkregenereignisse können die Wasserinfrastruktur beschädigen oder überfordern. Dadurch steigt das Risiko, dass bestimmte Krankheitserreger in die Umwelt oder in Gewässer gelangen und so die Gesundheit gefährden.

Anhaltende Trockenheit und fehlender Niederschlag lassen die Konzentration von Erregern im Wasser steigen, stören den natürlichen Wasserkreislauf und beeinträchtigen dadurch die mikrobiologische Qualität des Wassers. Durch den Anstieg des Meeresspiegels ist zudem mit einem verstärkten Eintrag mariner Krankheitserreger zu rechnen.

Notwendige Expertise für Trinkwassersicherheit

„Der dynamische Ökosystem-Ansatz der TU Braunschweig wird durch die intensive Kooperation mit unseren Partnern von der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen (DSMZ), dem Robert Koch-Institut (RKI), dem Städtischen Klinikum Braunschweig (SKBS) und dem Zentrum für Klimaforschung Niedersachsen (ZKfN) zur gelebten Realität“, sagt Prof. Steinert. „Durch gemeinsame Vorlesungen, Bioinformatik-Tutorien und laborpraktische Anwendungen werden die Studierenden zu Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der Auswirkungen des Klimawandels auf wasserbedingte Infektionen und die Trinkwassersicherheit ausgebildet.“

Dr. Ashraf Zayed von der An-Najah National University, der im Jahr 2018 an der TU Braunschweig promovierte, sagt über das Ausbildungsprogramm:

„Ohne die außergewöhnliche Unterstützung und den Teamgeist an der TU Braunschweig wäre unser Modul zum Klimawandel nicht das, was es heute ist. ERASMUS hilft uns dabei, weltweit Kontakte zu knüpfen – aber es ist das Engagement der Universität, das wirklich wirkungsvolle Bildung und zukunftsorientierte Lösungen ermöglicht.“

Professor Steinert, der das Westjordanland 2023 besucht hat, erläutert: „Durch den weltweiten Klimawandel ist mit einem Anstieg von Infektionsausbrüchen durch Wasserkeime zu rechnen. Auf diese Herausforderung ist das Trinkwassersystem im Westjordanland nicht vorbereitet. Auch in Deutschland besteht Handlungsbedarf, da Nicht-Cholera-Vibrionen-, Legionellen-, Cyanobakterien- und wasserbedingte Virusinfektionen zunehmen werden. Darüber hinaus konnte eine europäische Surveillance-Studie zeigen, dass Länder mit höheren Durchschnittstemperaturen mehr Antibiotika verbrauchen – was in der Folge auch die Antibiotikaresistenzkrise verschärfen kann.“

Expertise zum Thema Trinkwassersicherheit

Seit dem Beginn des Kriegs im Gazastreifen haben sich aufgrund der umsichgreifenden Gewalt auch die medizinische Versorgungslage und die Ausbildungsmöglichkeiten im Westjordanland verschlechtert. Durch die Ausbildung von Medizin- und Biologiestudierenden aus Nablus und Braunschweig wird nun an beiden Universitäten Expertise zum Thema Trinkwassersicherheit aufgebaut. Über die internationale Vernetzung und die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Sinne von „Engineering for Health“ wird eine positive Kapazitätsentwicklung bei beiden Partnern erreicht. In dieser Weise kann das laufende Projekt langfristig auch als Modell für partnerschaftliche Kooperationen mit Forschungseinrichtungen in anderen Krisenregionen dienen.


Quelle: TU Braunschweig

Bildquelle, falls nicht im Bild oben angegeben:

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