Eine biobasierte Saatgutbehandlung in Kombination mit Mikroorganismen soll dafür sorgen, dass weniger Dünger verwendet werden muss. Das schützt die Umwelt und verbessert die Wasserqualität.
„Das Projekt hat uns sehr überzeugt“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. „Denn es bündelt die Ziele aller Beteiligten: Gleichbleibende Erträge bei reduziertem Düngemitteleinsatz, ohne die Ernährungssicherheit zu gefährden. Die Methode schont Wasser und Boden – aber eben auch die Geldbeutel von Bäuerinnen und Bauern, weil sie weniger düngen müssen.“
Die derzeitigen Feldversuche seien vielversprechend und können ein wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen und regenerativen Agrarwirtschaft sein, sagt Bonde. Die zuständige Referentin Dr. Susanne Wiese-Willmaring sieht ebenfalls Zukunftspotential in dem SeedForward-Projekt, das Anfang dieses Jahres gestartet ist und noch bis Ende 2026 mit Feldversuchen an verschiedenen Standorten im Bundesgebiet läuft. „Die biobasierte Saatgutbehandlung verbessert die Wurzelentwicklung und erhöht damit zugleich die Nährstoffnutzung der Pflanzen“, so Wiese-Willmaring. In der Folge werde die Widerstandsfähigkeit gegen Krankheitserreger und Mangelerscheinungen gesteigert.
Negative Folgen für das Ökosystem minimieren
SeedForward-Gründer Jan Ritter, der gemeinsam mit Jacob P. Rohn die Geschicke des seit 2017 bestehenden Unternehmens mit mittlerweile rund zwei Dutzend Mitarbeitenden leitet, ist optimistisch: „Mit unseren Produkten und Wirkstoffen können wir die Mengen der eingesetzten Stickstoff- und Phosphatdüngemittel substanziell vermindern.“ Und das sei dringend notwendig, um die negativen Folgen fürs Ökosystem zu minimieren. Denn ein Übermaß an Nährstoffen hat nicht nur für den Boden gravierende Folgen, sondern auch im Wasser: Es käme zu einem Entzug von Sauerstoff, vermehrtem Algenwachstum – und dem Verlust an Biodiversität, führt Ritter aus. Gewässer wie der Dümmer in Niedersachsen könnten kippen.
Die SeedForward-Entwicklung besteht nach Ritters Worten darin, „dass wir Biostimulanzien auf das Saatgut aufbringen und so das Wurzelwachstum anregen. Durch eine größere Wurzeloberfläche können die Pflanzen mehr Nährstoffe aufnehmen, brauchen also nicht so viel gedüngt zu werden“.
Bei den aktuellen Feldversuchen dreht sich alles um Brotweizen, Mais und Raps. Künftig kommen dafür auch Zuckerrüben, Leguminosen und Gemüse in Frage. Die biobasierte Ummantelung von Pflanzensamen sei eine Alternative zur bisherigen Praxis der Beizung mit chemisch-synthetischen Wirkstoffen mit oftmals natur- und umweltschädigenden Folgen, etwa für Insekten. Zum Einsatz kommt beim SeedForward-Verfahren laut Ritter „ein hochkomplexer Cocktail aus biobasierten Wirksubstanzen“.
Einsatz frei lebender, stickstoff-fixierender Organismen
„Wir applizieren zudem Bakterien, die sich positiv auf die Phosphatmobilisierung auswirken“, sagt Ritter. Das sei wichtig, da Phosphat im Boden meistens festgebunden sei und für Pflanzen nicht im gewünschten Maß als Nährstoff zur Verfügung stehe. Hinzu kommt laut Ritter, dass zudem frei lebende, stickstoff-fixierende Organismen über Blatt und Boden eingesetzt werden“, so Ritter. Auch das diene dem Ziel, die Pflanzen mit zusätzlichen Nährstoffen zu versorgen – und so Düngemittel zu minimieren. Ritter sagt:
„Bei Brotweizen, Mais und Raps werden bundesweit im Durchschnitt pro Hektar derzeit rund 200 Kilogramm Stickstoff ausgebracht. Wir wollen eine Ersparnis von 10 bis 20 % erzielen.“
Weniger Dünger reduziert Gefahr für Menschen, Tiere und Umwelt
Neben Phosphat zählen Stickstoff und Kalium zu den Hauptnährstoffen von Pflanzen, sorgen für deren Wachstum und entscheiden letztlich über den Ernte-Ertrag. Das Problem: Seit Jahren kommt es nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen EU-Ländern zu einer Überdüngung. Brüssel hat deshalb in den vergangenen Jahren mehrfach Vertragsverletzungsverfahren unter anderem gegen Berlin in Gang gebracht. Werden Böden überdüngt, hat das negative Folgen für Menschen, Tiere und Umwelt: Die überschüssigen Nährstoffe können von den Pflanzen nicht mehr aufgenommen werden und gelangen durch Auswaschung nicht nur ins Grundwasser, sondern über Oberflächenabfluss in Flüsse und Meere. Eine erhebliche Rolle im Zusammenhang mit der Stickstoffdüngung spielt Nitrat, das oft als mineralischer Dünger zugeführt wird. Nimmt der Mensch zu viel Nitrat über Nahrung und Trinkwasser auf, besteht die Gefahr der Umwandlung in das krebserregende Nitrit.
Quelle: Deutsche Bundesstiftung Umwelt